(16. Mai 2022) – Dass ich unbedingt mal nach Neapel möchte, weiß ich seit ich das Hunde-Dokudrama “Bartolo, der Streuner“ (“Napoli Dogs”) im Kino gesehen habe. Diese Stadt fasziniert mich, die will ich sehen! Also, buche ich mir ein Zugticket – zunächst nach Firenze, dann noch weiter in den Süden in die so genannte “Metropolitanstadt Neapel”.
Zuletzt war ich Ende der 90er (!) mit meiner Klasse und unserem Lateinlehrer in Italien (Florenz & Rom). Damals sind wir ebenfalls mit dem Nachtzug angereist. Und diese Nacht im Zug wird mir immer in Erinnerung bleiben 😉 Geschlafen haben wir Teens damals wenig, heute leg’ ich mich bereits kurz nach Bruck/Mur aufs Ohr und rattere mal dösend, mal schlafend Richtung Toskana, wo ich zeitig in der Früh meinen Anschlusszug erwischen muss. Es geht also nach Napoli! Bella Napoli!
Bella Napoli?
Die Stadt am Golf empfängt mich – wie erwartet – mit Müllbergen an jeder Ecke. Genau SO hab ich mir Neapel vorgestellt. Ich finde den Grind der Stadt bereits jetzt atem(be)raubend, dabei riecht es gar nicht schlecht. Ganz im Gegenteil. Ich führe das auf die frisch gewaschene Wäsche, die beinahe aus jedem Fenster und von allen Balkonen baumelt, zurück. Kann man glauben oder nicht, aber ich fühle mich sofort wohl, der erste Eindruck hält alles, was ich mir erwartet habe, und ich bin einfach nur hingerissen. Fesch!
Ganz überwältigt, lasse ich den ersten Abend bei Prosciutto Credo und griechischem Joghurt auf meiner (!) riesigen Dachterrasse ausklingen. Auf Facebook poste ich gleich am nächsten Morgen:
Im neapolitanischen Untergrund kennt man mich als Ragazza Terrazza #urlaubinitalien #Napoli #Neapel
“Santo” Diego „Weltfußball-Dio“ Maradona
Tags drauf fällt mir beim Umherstromern sofort der von mir so bezeichnete “Diego-ismus” auf. Der argentinische Weltfußballstar wird in Neapel seit seiner Zeit beim SSC Neapel verehrt wie ein Gott. Nach der Hochphase kam der tiefe Fall – trotz allem stehen die Neapolitaner nach wie vor hinter ihrem im November 2020 verstorbenen Heiligen: Sein Bild / Antlitz hängt in vielen Pizzerias oder ziert die Wände als Graffiti.
Wohin zuerst? Ich brauche einen Überblick!
Drunter und drüber
Das Castel Sant’Elmo thront ÜBER der Stadt. Und das ziemlich mächtig. Weil ich mir den Fußweg nach oben auf den Vomero-Hügel ersparen möchte, nehme ich eine der drei Schienenseilbahnen, die „Funicolare Centrale“, die vom Stadtteil Toledo abgeht – den Abstieg werde ich über einen Treppenweg bestreiten. Viele Metro-Stationen in Neapel (Stazione della Metropolitana dell’Arte) sind übrigens von Künstlern und Architekten gestaltet, so auch die Station Toledo, die ich mir an diesem Tag anschaue.
Das Kastell ist mega (groß, schön, massiv, etc.), man erhält einen genialen Rundum-Ausblick auf die gesamte Stadt, deren Umland und das Meer mitsamt den Häfen und natürlich dem Vesuv im Hintergrund. Lange stehe ich da oben genieße den/die Augenblick/e, ehe ich mich wieder in die Stadt hinunter begebe.
Napoli Sotterranea: In den vom gleichnamigen Kulturverein organisierten Führungen durch Neapels UNTERwelt wandert man durch enge Stollen und Gängen hin zu Zisternen und Schutzbunkern (aus dem 2. WK). Schon die Griechen und Römer haben für den Bau der Stadt(mauern) im Untergrund Tuff abgebaut und so den Grundstein für das labyrinth- und netzartige Katakombensystem auf einer Fläche von 2 Mio. Quadratmetern unter der Stadt gelegt. Unten befindet sich auch ein spannendes Experiment: Es werden Basilikum (what else in Napoli?), Salbei und andere Kräuter angebaut. Dank der hohen Luftfeuchtigkeit ist das auch ein voller Erfolg, immerhin halten sich die Gewächse schon seit 1 1/2 Jahren!
Ebenfalls in Neapels Unterwelt findet sich ein Griechisch-Römisches Theater, das man über eine Falltür unter dem Bett in einer Erdgeschoß-Wohnung erreichen kann – geheimnisvoll, taugt mir!
Der Eingang zu Neapels Unterwelt befindet sich im “Centro storico”, Neapels Altstadt.
Egal, ob oben oder unten, in dieser Stadt tut sich immer was. Es handelt sich ebenfalls um eine Stadt, die niemals schläft; mein Reiseführer stellt ihr ein positives Zeugnis aus, wenn er sie als “eine der abwechslungsreichsten Kulturstädte, eine der lebendigsten Szenestädte und sicher die aufregendste Metropole Italiens” beschreibt. Word!
Pozzuoli, Phlegräische Felder und pyroklastische Ströme
Pyro … was? Glutlawinen! Wie gut, dass ich solche nicht gesehen/erlebt habe, sonst hätte ich diese Zeilen hier auch nicht mehr verfassen können. Aber von Anfang an: Pozzuoli ist eine kleine Industriestadt im Golf von Neapel, vor allem bekannt durch ihr Amphitheater (Flavio) im historischen Ausgrabungspark sowie die sie umgebenden “brennenden” resp. Phlegräischen Felder (Campi Flegrei), einem 150 Quadratkilometer großen Vulkangebiet, das sich westlich vom Vesuv erstreckt und auch Neapel mit einschließt.
Es ist ein irres Areal, einerseits viel Wald, andererseits dicht besiedelt, ein Hochhaus neben dem anderen, während es im Untergrund brodelt und sich die Erde teilweise spürbar auf und ab bewegt. Nur ein paar Kilometer unter der Oberfläche erstrecken sich riesige Magmafelder.
In der Solfatara, dem bekanntesten Krater der Campi Flegrei, steigen sichtbar Schwefeldämpfe empor. Leider war das Gebiet nicht zugänglich, weshalb ich nur Fotos von meinem Rundumadum-Spaziergang (im Regen btw) habe.
In Pozzuoli ist für mich neben dem Flavischen Theater vor allem der Hafen interessant. Hier beobachte ich Fischer, wie sie von ihren Booten aus den frischen Fang anbieten, abwiegen und verkaufen.
Pizza napoletana – Die Mama aller Pizzas
Zurück in Napoli verspüre ich Hunger! Darauf zu schauen, was ich esse, ist ausgeschlossen – DIE “Diät” in Neapel heißt schlichtweg „Pizza“. Grün, Weiß, Rot. Basilikum, Mozzarella, Tomatensauce. Oder: Die Farben der italienischen Landesflagge, und das sind auch die Farben der neapolitanischen Pizza (Pizza Margherita), Lieblingspizza der italienischen Königin Margherita, die gleich nach der Erstverkostung ihre Namenspatin geworden sein soll. Die Geschichte – sollte sie sich wirklich so zugetragen haben – schmeckt mir, deswegen übernehme ich sie gern ;-).
Für mich ist essenziell, dass es Pizza, egal welcher Art, auch glutenfrei gibt! *(gluten)freu*
Ich esse daher jeden Tag mindestens eine – und das über Tage hinweg. Des Nächtens träume ich außerdem von Margheritas, Bufalos, Capriciosas und Calzones. Ich bin im Himmel!