(08. Nov. 2021) – We are going to Fuerte! Ein neues Reiseabenteuer kann los gehen! Wieder mal bin ich mit Astrid unterwegs. Diesmal ist es mit der Pandemie im Hintergrund schwieriger, denn man muss einiges beachten, z.B. gibt es für das spanische Festland sowie alle Inseln eine Einreise-App, die man vorab downloaden und gleichzeitig mit dem Grünen Pass vorweisen können muss.
Wir haben alle Hürden gemeistert und sitzen endlich im Flieger. Über FRAnkfurt geht es dann weiter auf die zweitgrößte kanarische Insel. Schon von oben sieht sie beeindruckend aus und ich freue mich riesig, mich auf ihr zu bewegen. Wir haben ein Auto gemietet und werden vor Ort unsere AirBnB-Unterkünfte suchen – dort, wo es uns gefällt, wollen wir bleiben! Am Aeropuerto de FUErteventura wartet jedoch eine böse Überraschung auf uns – unser Gepäck ist nicht mitgeflogen. Verdammt!
Trotzdem steigen wir ins Auto (ein weißer Renault Clio und in weiterer Folge „Blanca Fuerte” genannt) und machen uns auf den Weg in unsere erste Bleibe.
Der Norden Fuertes
Die Villa “Kite Kate” ist in einer Reihenhaussiedlung in der recht unspektakulären Ortschaft Capellania gleich neben der FV-1-Schnellstraße gelegen. Sie verfügt über einen kleinen Garten und eigenen Parkplatz direkt vor dem Haus. Im Inneren ist alles in blau und türkis gehalten – noch ist uns nicht bewusst, dass das DIE Farben Fuerteventuras sind, die uns in den kommenden zehn Tagen begleiten werden. Von Capellania sind wir schnell in Corralejo, wo wir einkaufen und essen gehen.
Corralejo
Der nördlichste Ferienort der Insel – entstanden aus einem Fischerdorf. Besonders einladend wirkt es trotzdem nicht auf uns, ich weiß nicht, wie oft wir die mehrspurige Einkaufsstraße auf und ab fahren, um Parkplätze, Restaurants, eine Apotheke, eine Tankstelle oder den Weg zum Strand (auf) zu suchen. „Dank“ Corona ist die Straße zwar mit weniger Menschen voll, aber dennoch nicht ganz leer, wie wir uns das eigentlich gewünscht hätten.
Mit unserer Restaurantauswahl haben wir anfangs wenig Glück. Einmal Lachs, einmal Bacalhau nach Art des Hauses; letzterer wird innen noch gefroren serviert. Hmmm. Die Speisekarten geben nicht recht viel her, wie ich finde. Überall gibt es “zerknitterte Kartöffelchen” bzw. Kanarische Salzkartoffeln (Papas Arrugadas) – eine Inselspezialität und “Hänchenspieb” (sic!). Ich wundere mich ein bisschen, dass sich Astrid tatsächlich dafür entscheidet. 😉 Aber ihr muss es schmecken!
Dank unseres fahrbaren Untersatzes Blanca Fuerte kurven wir echt viel auf der Insel herum. Dass wir wirklich kurven, werden wir allerdings erst einige Tage später wirklich herausfinden… Zunächst verschlägt es uns vorbei an Windrädern und eingezäunten Ziegenherden (Warum auf Fuerteventura alle Ziegen solch immens große Euter haben?, soll eine der großen Fragen sein, die uns die ganze Reise über begleitet) und durch eine beeindruckende Vulkankegel-Kulisse nach El Cotillo, ebenfalls ein Fischerdorf im Norden, das heute als Surf-Hotspot gilt.
El Cotillo
Hier begegnet uns übrigens unser erstes Wal-Skelett.
Was? Ein Wal-Skelett? Jep! Skelette toter Wale, die an den unterschiedlichen Stränden der Insel angespült worden sind, sind „wie Monumente inszeniert“, schildert mein Reiseführer. Ja, es fühlt sich mega-mächtig an unter so einem Riesen zu stehen und sich vorzustellen, wie der mal – in lebendiger Form – ausgesehen haben könnte.
In El Cotillo angekommen, fahren wir auf einer Sandpiste bis zum Faro de Tostón, einem Leuchtturm; von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf die Nachbarinsel Lanzarote, die von Corralejo mit der Fähre in kurzer Zeit erreichbar ist.
Den Sonnenuntergang schauen wir uns vom Festungsturm aus Vulkangestein Castillo de El Tostón an – ein Touristenmagnet – vor allem des herrlichen Blicks auf den untergehenden Sonnenball wegen.
Neuer Tag, neue Aktivitäten: Unweit von Corralejo befinden sich tolle Wanderdünen (Las Dunas El Jable) – inmitten eines riesigen Nationalparks reiht sich ein Surfstrand an den anderen. Wir fahren an der Küste entlang und entscheiden uns für den – eh klar! – schönsten, um dort ein bisschen zu relaxen. Im Anschluss besuchen wir noch die Hauptstadt Puerto del Rosario – auch weil wir dringend ein Klo benötigen, das es an den Stränden nicht gegeben hat. Trotz Feiertag können wir in die Parkgarage eines Shopping Centers fahren und dort das WC benutzen – ein bisschen spooky war das schon. An der Meerespromenade entdecken wir außerdem unser zweites Wal-Skelett.
Tags drauf wollen wir einen Vulkan besteigen. Astrid trägt ausgerechnet an diesem Tag ihre weißen Segel-Sneakers … weiß waren sie nachher nicht mehr. 🙂 Nein, sie waren mit rötlichem Vulkansand gefärbt und schauen ein bisschen aus wie man sich Hänchenspieb vorstellt. 😉 Als wir am Morgen unseren kleinen Ort verlassen, fahren wir an einer Ziegen-Statue vorbei, die ebenfalls mit einem massiven Euter ausgestattet ist. Wieder fragen wir uns, ob das hier normal (oder gar endemisch) ist.
Der “Volcán Calderón Hondo” liegt nicht weit von Capellania entfernt und ist in der kargen Vulkanlanschaft schon von Weitem sichtbar. Ich bin begeistert. Endlich komme ich auf einen Vulkan!!! Der Aufstieg entpuppt sich als ganz schön anstrengend, zumindest für mich. Ich keuche ziemlich als ich endlich auf den Krater hinabblicken kann. Wir umrunden die Caldera und sehen zum ersten Mal die auf der Insel als “Schädlinge” angesehenen Atlashörnchen. Weil sie junge Pflanzentriebe anknabbern und auch Vogelnester ausrauben, sollen sie keinesfalls gefüttert werden.
Nach dem Abstieg geht es weiter nach La Oliva, einstige Inselhauptstadt. Wir bleiben aber nur kurz bei der “Casa de los Coroneles” (Haus der Obristen) stehen, wo uns aber mehr die verfallenen Häuser daneben interessieren als das restaurierte, recht mächtige Gebäude, das auch obendrein für BesucherInnen gerade geschlossen ist. Einen kurzen Halt machen wir auch an der Dorfkirche, die mit ihrem schwarzen Turm irgendwie raussticht (die Fassade ist segelsneakerweiß).
Apropos Inselhauptstadt: Betancuria, die erste Hauptstadt der Insel, fahren wir tags (31.10.) darauf an. Wir wollen in den Süden der Insel und nehmen auf dem Weg sämtliche Sights mit. Und Betancuria ist bis dato mein persönliches Highlight. Ungewöhnlich grün und bewachsen ist es, urige Cafés und Restaurants haben sich rund um den kleinen Ortskern, wo auch die Kirche steht, angesammelt. Zunächst gehen wir in das recht noble “Restaurante Santa Maria”, gleich neben der Kirche, das neben einer sensationellen Küche mit seinem gesamten, rustikalem Interieur besticht.
Betancuria selbst ist einfach entzückend! Man kann hier auf jeden Fall einige Stunden zubringen, durch die engen Gassen schlendern, Eis essen, Kaffee trinken, gut und gehoben speisen und … Aloe Vera-Verkaufsvorträge anhören. Wir wissen nun alles über die “Wunderpflanze” und ich kaufe auch tatsächlich ein Deo sowie ein Kälte-Gel, das mir der Geschäftsmann tröpfchenweise für meine Nackenverspannungen empfiehlt (New Formula!).
Um nach Betancuria zu gelangen, fahren wir durch das zentrale Bergland der Insel. “So weit das Auge reicht, sieht man in dieser Region sanft gerundete Basaltberge, die durch karge Täler voneinander getrennt sind”, beschreibt mein Reiseführer – und ich bin erneut ganz beeindruckt. Diese Hügellandschaft ist wirklich was ganz Besonderes. Auf unserem Weg kommen wir bei mehreren Statuen/Kunstwerken vorbei; auf der Anhöhe – oder sagen wir Pass, denn Blanca Fuerte schlängelt sich da in großer Anstrengung hinauf – stehen da plötzlich zwei riesige Bronzestatuen (beide nackt!) und schauen auf die Insel hinab. Es handelt sich dabei um die beiden letzten Herrscher der Ureinwohner, Guize und Ayose. Mehr als ihre Namen kann ich mir beim Anblick der bronzenen Knackärsche leider nicht merken…
Abschließend schauen wir noch bei einer romantischen Klosterruine vorbei. Ich liebe solche Orte, mysteriös, weil sie schon vor langer Zeit verlassen wurden und nun einfach ihrem Zerfall überlassen werden. Stundenlang könnte ich mich in solchen Gemäuern aufhalten!
Aber: Wir müssen weiter! Wir wollen am Abend noch in Morro Jable ankommen. Hier haben wir unser nächstes Air B’n’B gebucht; dieses liegt nahe dem Puerto, von dem Fähren Richtung Gran Canaria und Teneriffa abgehen.
Der Süden Fuertes
Morro Jable ist die Verlängerung der Touristenhochburg Jandia im südöstlichen Zipfel der Insel, stellt also ein absolutes Kontrastprogramm zu den Tagen zuvor dar. In Jandia gibt es nichts als monströse Bettenburgen, Deutsch ist überall zu hören und in der Beach-Bar erschallt ein Sender, der zwischen Schlager und Apres-Ski-Hits wechselt.
Der Hausstrand, die Playa del Matorral, ist jedenfalls weeeeeeit! Und breit obendrein. Das Bild (s.o., gelb/blau), das ich in unserer Unterkunft abfotografiert habe, zeigt diese unendliche Weite (und Breite), die fast so mächtig breit und weit (ok, jetzt wissen es alle) ist wieder der Atlantik itself. Der Wind weht hier ordentlich, mehrmals müssen wir unserem 2-Euro-Sonnenschirm nachlaufen, der regelmäßig aus seiner notdürftigen Verankerung gehoben wird. So vergeht der Tag.
Hier auf Jandias Strandpromenade treffen wir übrigens nicht nur auf das Walskelett #3, sondern auch auf einen Rochen. Einen solchen sehen wir bei uns im Hafen später sogar noch live. Tolle Tiere, die ganz schwerelos durchs Wasser schweben.
Von Morro Jable resp. Jandia aus zieht es uns wieder in ruhigere Gefilde. Obwohl im Internet und auch im Reiseführer vor der holprigen Sandpiste nach Puertito de la Cruz an die südliche Westspitze der Insel “gewarnt” wird (Reifenplatzer etc.), wollen wir dort hin! Und es zahlt sich aus! Das Örtchen gefällt mir auf Anhieb – es handelt sich um einen entzückenden Fischerhafen plus Trailer-Park im Wildwest-Style. Strohballen fegen über die Straßen und Esel und Ziegen wandern herden- und hirtenlos durch die Gegend und auf den Klippen umher. Hier will ich meine Pension verbringen. In einem Trailer. Mit Ziegenkäse und -milch am Gaumen und Eselsohren in meinen Büchern. Das muss doch machbar sein.
Best place on earth so far: Playa de Cofete
Überhaupt haben es mir die Ziegen und ihre kleinen Zicklein angetan. Was Süßeres habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Aber wir müssen weiter; Astrid weist mich zurecht darauf hin, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben und nicht bei jeder Herde stundenlang Fotos schießen können. Na gut.
Ich muss mich auch sehr konzentrieren; die Straße ist extrem uneben und voller Schlaglöcher, zudem schraubt sie sich kilometerlang auf einen Pass des Jandia-Massivs (what a view!!!) hinauf, bevor es auf der anderen Seite genauso kurvig und staubig wieder hinuntergeht zur Playa de Cofete. Ich disponiere um: HIER will ich meine Pension verbringen!
Hier gibt es gar nichts! Nicht mal fließend Wasser. Das Panorama ist mächtig und eben weil die Fahrt hierher nicht ungefährlich ist, sind nur wenige Touristen unterwegs. Es fühlt sich an wie das Ende der Welt. Geil!
So verbringen wir zwei Tage an diesem Ende der Welt – täglich mit neuer actionreicher An- und Abfahrt. Aber es zahlt sich aus! Cofete wird mir in Erinnerung bleiben! Ein großartiges Plätzchen (auf dieser) Erde. Wer dieses übrigens nicht selbst ansteuern möchte, kann von Jandia aus mit einem Linienbus (!) nach Cofete gelangen. Wir haben ihn ein paar Mal (bei diversen Manövern) gesehen und – sollten wir irgendwann wieder kommen – entschieden wieder auf eigene Faust anzureisen. 😉
Zurück in Morro Jable/Jandia schauen wir uns noch ein bissl was von der Touristenhochburg an, bevor wir am nächsten Tag mit einem “Mini Milk”-Eis in der Hand Richtung östliche Inselmitte cruisen. Unsere dritte und letzte Bleibe haben wir in Caleta de Fustes gebucht; die Villa Esperanza liegt direkt am Meer, ist sehr geräumig, aber in ihrer Gesamterscheinung irgendwie spooky.
Von Caleta aus bewegen wir uns vor allem auf Inselmittenhöhe, u.a. zum Pozo Negro, dem schwarzen Strand. Wieder kann ich bestätigen, was darüber in meinem Reiseführer steht: „Hier scheint die Zeit in der vortouristischen Zeit stehen geblieben zu sein.”
Nachdem wir uns in der Hafenbucht des Fischerdörfchens Ajuy mittags mit Ziegenfleisch und – wieder – Runzelkartöffelchen gestärkt haben, begeben wir uns auf einem Treppenweg an weißen Kalksteinfelsen (mein Reiseführer beschreibt sie als „bizarr, verwittert“) entlang zur Caleta Negra, der schwarzen Höhle, die einem riesigen Kircheninnenraum gleicht. Dunkel und schwarz (wie der Name schon sagt!) ist sie; fast ein bisschen gespenstisch. Zusätzlich gruselig ist, dass ich dort von einer Bikini-Frau gefotobombt werde. Einfach ungeheuerlich!
Weg von schwarz, hin zu weiß: Auf Höhe von Las Salinas, da wo das Salzmuseum ist, machen wir Halt. Schon aus der Ferne erkennen wir am Rande der Salzfelder das Finnwal-Skelett, das dort vor mehr als 20 Jahren angespült worden ist. Nach der WC-Pause decken wir uns mit weißem, grünem (Kräuter-) und rotem (Chili-) Salz ein und haben unsere Touristenschuld somit beglichen.
Am Nachmittag beschließen wir, nochmal an einem weißen Strand zu chillen. Wo das genau war, kann ich leider nicht sagen. Google Maps hilft mir auch nicht weiter. Eine Playa halt. Sand. Wind. Surfer. Flaggen. Baywatch-Aussichtstürme in gelb. Und als finale Zugabe ein herrlicher Sonnenuntergang.
Der Tag der Abreise ist da. Ich bin schon ein bisschen traurig, dass es wieder heimwärts geht. Als letztes Highlight fahren wir wieder in den Norden rauf zum Popcorn-Beach, oder Playa del Bajo de la Burra, wie die Spanier ihn nennen.
Gibt man auf Instagram den Hashtag #popcornbeach ein, wird man mit Influencerinnen-Bikini-Puffmais-Fotos überhäuft. Vielleicht waren es aber auch keine echten InfluencerInnen. Das kann gut sein.
Uns hat’s aber auch sehr getaugt. Sowas (so genannte „Rodolithen“, eine geologische Algenfossilien-Formation, die echten Popcorn täuschend ähnlich sehen) haben wir halt auch noch nicht gesehen. „Beiß mal rein! Ich mach ein Foto!“, rufe ich Astrid zu.
Schlimmer als Hänchenspieb können die schließlich auch nicht schmecken.
