“Meine Ruh´ ist hin, mein Herz ist schwer. Ich finde sie nimmer und nimmermehr”, sagte schon Goethes Gretchen … Ja, die Ruhe am Jakobsweg gehoert seit den gefuehrten Touristentouren eindeutig der Vergangenheit an. Es ist ein zermuerbendes Gefuehl, wenn man von locker-fidelen, frisch geschniegelt-und-gebuegelten Pensionisten mit verdaechtig sauberen und trockenen Schuhen und Klamotten (und dass, obwohl es eine Stunde zuvor durchgehend geregnet hat?!?!) ueberholt wird.
Wieder ist eine solche Truppe (diesmal aus Bayern) voller Elan und frisch aufgezogen wie Duracell-Hasen an uns vorbei gezogen. Die Ruhe und Einsamkeit ist, wie ich bereits nach jener ersten Begegnung befuerchtet hatte, damit dahin! Je naeher wir Santiago kommen, desto mehr aehnelt der Weg einer “Pilgerautobahn”, denn wenn man die letzten 200 km per peder/per Rad oder auch per Pferd (ja, auch das gibt es!) zuruecklegt, bekommt man die heisz begehrte “Compostela”, die Pilgerurkunde und somit Glanz einer jeden Wohnzimmerwand, ueberreicht!
Ich muss mich kuenftig – im Gegensatz zu vielen anderen – gluecklicherweise NICHT mit dem schlechten Gewissen plagen, ein Begleitfahrzeug an meiner Seite gehabt zu haben, das meinen Reisetrolley transportiert hat… Ich hab jedes Gramm selbst geschleppt, und das ueber die sagenumwobenen Montes de León! Laut meinem Reisefuehrer heiszt es: “Ab Rabanal, mit dem Aufstieg in die Montes des León, wird die Landschaft nach den endlosen Ebenen der Meseta wieder dreidimensional…” Die Autorin scheint Humor zu haben, aber wo sie Recht hat, hat sie Recht! – Die Landschaft ist traumhaft. Meine Etappe fuehrt mich durch ginstergelbe und von violettem Heidekraut gesaeumte Wege durch die beinahe 1500 Hoehenmeter hohen Berge. Doch obwohl die Landschaft derartig bezaubernd-bunt ist, konnte sie ihre ehemaligen Einwohner nicht halten: Die Landflucht hat Einzug gehalten, und so zieht man als Pilger durch verlassene Doerfer bestehend aus verfallenen Haeusern und abgedeckten Daechern. Lediglich EINER (be)haelt im Dorf die Stellung/den Ueberblick: Meister Adebar!
Auf jedem Kirchturm befindet sich mindestens ein Storchennest.